Die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern und die Kantonspolizei Bern haben im Juli von den Lieferantinnen der Vorgangsbearbeitungssysteme NeVo/Rialto, Swisscom und Deloitte, je ein Schreiben erhalten, das eine grundlegende Neubeurteilung der weiteren Umsetzung zur Folge hat.
Technische Grundlage des Systems wird voraussichtlich nicht mehr weiterentwickelt
Gemäss den Ausführungen in besagten Schreiben wird die Technologiebasis SAP ICM von Nevo/Rialto gemäss SAP Roadmap voraussichtlich keine neuen Funktionalitäten und Entwicklungen mehr erfahren. Zudem blieb das Interesse zusätzlicher nationaler oder internationaler Polizeien und Staatsanwaltschaften für die Lösung Nevo/Rialto bis dato aus. In der Konsequenz stellt sich die Frage, inwieweit die geplanten Investitionen in die Lösung für den Kanton Bern noch wirtschaftlich und nachhaltig sind. Dies, da zu einem späteren Zeitpunkt die Weiterentwicklungen und der Betrieb für den Kanton Bern als alleiniger Benutzer dieser Lösung herausfordernd und kostenintensiv wären.
Diese neue Ausgangslage hat wesentliche Auswirkungen auf die Zukunft des Systems und die digitale Brücke zur Staatsanwaltschaft respektive das Projekt. Nevo/Rialto wurde 2017 gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft initiiert und bei der Kantonspolizei Bern 2022 eingeführt. Es wurde mit dem Ziel entwickelt, ein modernes, integrales Vorgangsbearbeitungssystem mit einer digitalen Brücke zur Staatsanwaltschaft zu schaffen. Das System konnte nach anfänglichen Schwierigkeiten bei der Kantonspolizei Bern eingeführt und nun seit drei Jahren zufriedenstellend betrieben werden. Auch für die kommenden Jahre ist der Betrieb gewährleistet. «Aufgrund dieser veränderten Ausgangslage sind wir gezwungen, die angestrebte Gesamtlösung neu zu beurteilen – wir erwarten entsprechende Vorschläge von den Lieferantinnen Swisscom und Deloitte, die wir genau prüfen werden», betont Regierungsrat Philippe Müller, Sicherheitsdirektor des Kantons Bern.
Standortbestimmung im Projekt
In diesem Zusammenhang prüft die Kantonspolizei Bern, ob eine Migration auf S/4Hana noch erfolgen und somit eine Grundlage für die digitale Brücke erstellt werden soll. Christian Brenzikofer, Kommandant der Kantonspolizei Bern, hält fest: «Wir bedauern diese Entwicklung sehr. Wir werden das weitere Vorgehen genaustens analysieren. Das Ziel ist eine effiziente Zusammenarbeit von Kantonspolizei und Staatsanwaltschaft».
Im Rahmen dieser Standortbestimmung ist zu berücksichtigen, dass sich die Ausgangslage der Staatsanwaltschaft von jener der Kantonspolizei Bern unterscheidet: Während bei der Kantonspolizei Rialto in Betrieb ist, setzt die Staatsanwaltschaft lediglich in einem kleinen Teilbereich ein sogenanntes minimum viable product (MVP) von Nevo/Rialto ein (SAP ICM auf Basis S/4Hana), welches die grundsätzliche Machbarkeit belegt und einen Grundstein für die Transformation von Nevo/Rialto auf S/4Hana legt. Auch hier gilt, dass SAP ICM von Rialto gemäss SAP Roadmap voraussichtlich keine neuen Funktionalitäten und Entwicklungen mehr erfährt. Hinzu kommt, dass in wenigen Jahren schweizweit der elektronische Rechtsverkehr eingeführt werden soll und die Staatsanwaltschaft zu diesem Zeitpunkt über eine kompatible Fachapplikation verfügen muss. Diese unterschiedliche Ausgangslage kann dazu führen, dass sich für die Kantonspolizei und die Staatsanwaltschaft unterschiedliche Lösungsansätze anbieten, wobei die Staatsanwaltschaft auch den jeweiligen Zeitbedarf zu berücksichtigen hat.
Prüfung von möglichen Lösungsoptionen aufgenommen
Die Generalstaatsanwaltschaft und die Kantonspolizei Bern stehen in engem Kontakt mit den Lieferantinnen. Gleichzeitig ist der Betrieb von Nevo/Rialto sichergestellt. Die weitere Aufarbeitung und Prüfung der Lösungs- sowie Anschlussoptionen erfolgt in den kommenden Monaten. Eine weitere Kommunikation ist im Herbst 2025 vorgesehen.
Sicherheitsdirektion des Kantons Bern
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern
(rm)